Interview mit Dana Minor, geschäftsführende Gesellschafterin der HZD-Druckguss Havelland GmbH
Dana Minor ist seit 01.08.2020 geschäftsführende Gesellschafterin der HZD-Druckguss Havelland GmbH.
Im Interview sprechen wir darüber, wie ihr die Übernahme des Unternehmens aus dem laufenden Insolvenzverfahren gelungen ist, was sie dazu bewogen hat und wie sie zum Thema Mitarbeiterführung steht.
Ein insolventes Unternehmen zu kaufen, ist eine weitreichende Entscheidung. Wie kam es dazu, dass du die HZD übernommen hast?

Ich war von 2017 bis 2018 selbst Mitarbeiterin bei der HZD, bevor ich mich selbständig gemacht habe.
Im Zuge meiner Selbständigkeit habe ich mich sehr intensiv mit Unternehmensnachfolgen beschäftigt, da ich für mich ein bestehendes Unternehmen suchte und das im Land Brandenburg ein großes Thema ist. Aktuell sind viele Firmen mit der Nachfolgethematik konfrontiert. Das ist 30 Jahre nach der Wiedervereinigung nicht weiter verwunderlich, da die damaligen Gründer in der Wendezeit jetzt ins Rentenalter kommen.
Über die ehemaligen Kollegen wurde mir zugetragen, dass die HZD insolvent ist.
Nach kurzem Überlegen bin ich proaktiv geworden. Ich rief beim Insolvenzverwalter an und bekundete mein Kaufinteresse.
Das ist spannend und eine unerwartete Entwicklung, die zeigt, dass man sich bietende Chancen nutzen sollte. Wie hast du dich darauf vorbereitet, das Unternehmen aus einem laufenden Insolvenzverfahren zu übernehmen?

Nachdem ich mich auf das Bieterverfahren bewarb, wurden mir Unterlagen zugesandt und ich musste ein Gebot abgeben. Das hieß natürlich, dass ich mich mit verschiedenen Dingen auseinandersetzen musste, von denen ich vorher nicht genau wusste wie sie funktionieren.
Ich entschied mich aufgrund der Größe des Unternehmens dafür, ein versiertes Beratungsunternehmen an meine Seite zu holen. Dazu kontaktierte ich die WFBB - Wirtschaftsförderung Brandenburg mit Sitz in Potsdam. Sie unterstützte mich und nannte mir einige Beratungsunternehmen, die darauf spezialisiert sind. Ich kann von der Beratung nur positives berichten und rate jedem, der auf diese Weise ein Unternehmen kauft, sich kompetente Beratung an seine Seite zu holen. Durch die Unterstützung konnten die fehlenden Puzzle-Teile an ihren Platz gesetzt werden.
Natürlich ist es schwierig, einen verlässlichen Wert als Kaufpreis zu bestimmen, erst recht in einem laufenden Insolvenzverfahren. In meinem Fall war es eine Schätzung, die auf dem uns zur Verfügung stehenden Zahlenmaterial und dem Wissen über das Unternehmen ermittelt wurde. Für den Umstand der Insolvenz gab es dann einen fairen Abschlag im Preis, da das Unternehmen ja nun neu aufgebaut werden musste.
Ich wusste sehr genau, worauf ich mich einlasse, denn ich kannte die Mitarbeiter und die Potentiale des Unternehmens, die bei weitem noch nicht ausgeschöpft sind. Ich kannte aber auch die Schwächen - und es ist besonders wichtig auch die Schwächen zu kennen, denn hier liegt das Risiko versteckt. Das macht auch einen Teil des Wertes aus.
Am Ende stellte ich mir aber auch die Frage: Wie viel ist es mir wert? Welches Risiko will ich eingehen? Die Entscheidung war ein All-In.
Der gesamte Kaufprozess dauerte fast 9 Monate. Eine spannende Zeit mit interessanten Erfahrungen zwischen Bangen und Hoffen. Ich habe sehr viel gelernt und mein Netzwerk erweitert. Schlussendlich hat mein Konzept die Insolvenzverwaltung, den Gläubigerausschuss und die Banken überzeugt. So wurde ich der Käufer für dieses Unternehmen. Nun habe ich die Verantwortung für einen großen Produktionsbetrieb und 90 Mitarbeiter. Wir bauen den Betrieb gemeinsam wieder auf.
Das sind sehr interessante Einblicke, Dana. Wir ging es dann weiter, nachdem du offiziell Gesellschafter-Geschäftsführerin wurdest?

Ich glaube daran, dass wir zusammen sehr viel bewegen können. Direkt nach dem Start habe ich die Mannschaft darauf eingeschworen, dass wir das Unternehmen nur zusammen aus dieser schwierigen Situation führen können.
Ich führte ihnen vor Augen, dass jeder einzelne Mitarbeiter davon profitieren wird, wenn die Firma aufsteht, ihren Weg geht und das alte Bild der HZD wieder in neuem Glanz erstrahlt.
Im Jahr 2021 wird die Firma 30 Jahre alt. Das ist ein solides Alter für ein Unternehmen. Die HZD hat einen sehr, sehr guten Ruf bei ihren Kunden, die treu bei uns geblieben sind, obwohl eine Schließung durch Insolvenz drohte. Ohne diese Treue hätten wir diese Phase wohl nicht überstanden. Schon in der Insolvenz habe ich mit den Kunden gesprochen. Viele von ihnen kannten mich bereits aus der Angestelltenzeit. Das baute Vertrauen auf.
Bereits während meiner Anstellung hatte ich als Qualitätsmanager viel mit den Kunden zu tun, wenn es um Reklamationen und die Qualität der Teile ging. Ich bin ein Mensch, der kunden- und lösungsorientiert arbeitet. Daran konnte man sich erinnern.
In der Belegschaft gibt es sehr viele Mitarbeiter, die schon sehr lange in diesem Unternehmen arbeiten und der Firma trotz jeglicher Krise die Treue halten.
Sie sind genau die Menschen, mit denen ich zusammen etwas aufbauen möchte. Aber Veränderung ist besonders für diese Menschen eine Herausforderung. Wer noch nie etwas anderes gesehen hat, ist vielleicht auch hinter den Scheuklappen betriebsblind geworden.
Das muss ich berücksichtigen und den Weg mit den Mitarbeitern gemeinsam gehen. Da geht es nicht, einfach einen neuen Hut drüber zu stülpen. Es erfordert viel Kommunikation und auch Verständnis für die Mitarbeiter. Einige Mitarbeiter haben genau wie ich erst in 2017 in der HZD angefangen. Auch sie sehen das Potential in der Firma. Beide Gruppen machen eine gute Mischung aus und stehen jetzt stark an meiner Seite.
Mir ist die Nähe zu meinen Mitarbeitern sehr wichtig. Ich lebe einen kooperativen Führungsstil, und das umfasst, dass ich gewisse Freiräume für die Mitarbeiter schaffe und im Gegenzug erwarte, dass Verantwortung von meinen Mitarbeitern übernommen wird.
Ich lebe eine Hands On-Mentalität. Ich verlange nichts, was ich nicht selbst machen würde. Ich habe kein Problem vor meiner eigenen Haustür zu kehren, was bedeutet, dass ich für Verbesserungsvorschläge und Kritik immer ein offenes Ohr habe. Das hilft mir mich weiterzuentwickeln und ich wünsche mir das auch andersrum.
Ein kooperativer Führungsstil bedeutet, dass du als Geschäftsführerin sehr viel Vertrauen in das Können und Wollen deiner Mitarbeiter setzt. Wie beschreibst du, was dich wirklich antreibt, wenn es um deine Belegschaft geht?
Mein erklärtes Ziel: Ich möchte, dass alle, die bei mir arbeiten, auch stolz auf ihre Firma sind und darauf hier zu arbeiten.
Mich beschäftigen bei der Unternehmens- und Mitarbeiterführung Fragen wie:
Wie wollen wir die Zukunft gemeinsam gestalten? Können wir lösungsorientierte Ansätze nutzen ohne Zeit mit Schuldzuweisungen zu verschwenden? Wie kriegen wir es hin, dass wir kosteneffizient produzieren? Denn nur dann können die Gewinne in das Unternehmen und in die Löhne zurückfließen.
Diese Fragen kläre ich nicht allein und auch nicht über die Köpfe meiner Mannschaft hinweg, sondern in Workshops und Meetings mit ihnen gemeinsam.
Für mich zählt: Wer arbeitet, muss auch gutes Geld verdienen! Wer arbeitet, muss sich ein gutes Leben leisten können. Wer arbeitet, muss Spaß an der Arbeit haben und morgens gern aufstehen und einen Sinn in seiner Arbeit sehen.
Das sind die Dinge, die mich antreiben.
Text: Doris Reimann, THB
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